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Erbschaftsteuerbefreiung gilt nicht für ein angrenzendes Gartengrundstück

FG Düsseldorf, Az.: 4 K 1063/17 Erb

Urteil vom 16.05.2018

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin ist die Ehefrau des Erblassers B. Der Erblasser war unter anderem Eigentümer des von ihm bewohnten und mit einem Einfamilienhaus, einem Schwimmbad sowie einer Doppelgarage bebauten Grundstücks Gemarkung Z Flur 1 Flurstück 1. Das Grundstück mit einer Größe von 1.810 qm war im Grundbuch von Z Blatt 1 eingetragen. Der Erblasser war ferner Eigentümer des unbebauten Grundstücks Gemarkung Z Flur 1 Flurstück 2. Dieses Grundstück mit einer Größe von 1.722 qm grenzt nordöstlich an das Grundstück Gemarkung Z Flur 1 Flurstück 1 und war im Grundbuch von Z Blatt 10 eingetragen. Der Stadtdirektor der Stadt Z erteilte dem Erblasser unter dem 10. Oktober 1969 eine Baugenehmigung für die Errichtung einer einheitlichen Grundstückseinfriedung auf beiden Grundstücken.

Erbschaftsteuerbefreiung gilt nicht für ein angrenzendes Gartengrundstück
Foto: designer491/Bigstock

Der Erblasser verstarb am 11. Oktober 2014. Er wurde auf Grund notariell beurkundeten Erbvertrags vom 11. Juni 2013 von der Klägerin allein beerbt. Diese nutzt die Grundstücke Gemarkung Z Flur 1 Flurstücke 1 und 2 zu eigenen Wohnzwecken.

Die Klägerin machte mit ihrer am 19. Juni 2015 beim beklagten Finanzamt abgegebenen Erbschaftsteuererklärung für die Grundstücke Gemarkung Z Flur 1 Flurstücke 1 und 2 die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) geltend.

Das beklagte Finanzamt setzte gegen die Klägerin erstmals mit Bescheid vom 16. November 2015 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung Erbschaftsteuer fest. Dabei gewährte es die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 1 ErbStG für die Grundstücke Gemarkung Z Flur 1 Flurstücke 1 und 2.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin wegen nicht mehr streitiger Punkte Einspruch ein.

Das beklagte Finanzamt setzte die Erbschaftsteuer gegen die Klägerin mit Bescheid vom 31. Mai 2016 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 220.913 € neu fest. Dabei legte es der Steuerfestsetzung die mittlerweile festgestellten Werte für die Grundstücke Gemarkung Z Flur 1 Flurstücke 1 und 2 von 774.574 € und 569.982 € zugrunde. Für diese Grundstücke gewährte es weiterhin die Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 1 ErbStG.

Mit Einspruchsentscheidung vom 21. März 2017 setzte das beklagte Finanzamt die Erbschaftsteuer gegen die Klägerin auf 329.213 € neu fest. Dabei berücksichtigte es die Steuerbefreiung des § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 1 ErbStG nur noch für das Grundstück Gemarkung Z Flur 1 Flurstück 1. Zur Begründung führte es aus: Die Steuerbefreiung könne nicht für Grundstücke gewährt werden, bei denen es sich um selbständige wirtschaftliche Einheiten handele und die nicht bebaut seien. Bei dem Grundstück Gemarkung Z Flur 1 Flurstück 2 handele es sich um eine selbständige wirtschaftliche Einheit, die nicht bebaut sei.

Die Klägerin trägt mit ihrer Klage vor: Die Grundstücke Gemarkung Z Flur 1 Flurstücke 1 und 2 seien ursprünglich Eigentum der Stadt Z gewesen und einheitlich als „Bürgermeistergrundstück“ bezeichnet worden. Die Grundstücke trügen dieselbe Adresse C-Straße, obwohl das unbebaute Flurstück 2 keinen Zugang zur C-Straße habe. Die Grundstücke seien seit jeher einheitlich als Wohnhausgrundstück mit Garten genutzt worden. Nach der Verkehrsanschauung handele es sich um eine wirtschaftliche Einheit. Auf die Eintragung der Grundstücke in unterschiedlichen Grundbüchern könne es deshalb nicht ankommen.

Die Klägerin beantragt,

den Steuerbescheid vom 31. Mai 2016 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. März 2017 aufzuheben, soweit mehr als 220.913 € Erbschaftsteuer festgesetzt worden ist;

hilfsweise die Revision zuzulassen.

Das beklagte Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist es auf seine Einspruchsentscheidung.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Der Steuerbescheid vom 31. Mai 2016 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 21. März 2017 ist – im angefochtenen Umfang – rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO -). Das beklagte Finanzamt hat es zu Recht abgelehnt, für das unbebaute Grundstück Gemarkung Z Flur 1 Flurstück 2 die Steuerbefreiung gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 1 ErbStG zu berücksichtigen.

Nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 1 ErbStG bleibt unter anderem der Erwerb von Todes wegen des Eigentums oder Miteigentums an einem im Inland belegenen bebauten Grundstück im Sinne des § 181 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 des Bewertungsgesetzes (BewG) durch den überlebenden Ehegatten steuerfrei, soweit der Erblasser darin bis zum Erbfall eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat, die beim Erwerber unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt ist (Familienheim).

Die Klägerin kann diese Steuerbefreiung nicht für das unbebaute Grundstück Gemarkung Z Flur 1 Flurstück 2 in Anspruch nehmen. Hierbei handelt es sich nicht um ein mit einem Familienheim bebautes Grundstück im Sinne des § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 1 ErbStG. Diese Bestimmung verweist zwar auf § 181 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 des Bewertungsgesetzes (BewG). Dieser Regelung lässt sich jedoch nur entnehmen, wie das bebaute Grundstück genutzt werden muss. Hinsichtlich des Begriffs der Bebauung kann dabei auf § 180 BewG zurückgegriffen werden (Bundesfinanzhof – BFH -, Urteil vom 11. Dezember 2014 II R 30/14, BFHE 248, 210).

Für die Beantwortung der Frage, wie der Begriff des mit einem Familienheim bebauten Grundstücks in § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 1 ErbStG auszulegen ist, kann nicht die Bestimmung des § 2 Abs. 1 Satz 1 und 3 BewG herangezogen werden. Die Steuerbefreiung des § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 1 ErbStG knüpft an den Begriff des mit einem Familienheim bebauten Grundstücks und nicht an denjenigen der wirtschaftlichen Einheit an. Es geht zudem nicht um die Bewertung eines Grundstücks (§ 12 Abs. 3 ErbStG). Deshalb kommt es nicht darauf an, ob die Grundstücke Gemarkung Z Flur 1 Flurstücke 1 und 2 nach den Anschauungen des Verkehrs als eine wirtschaftliche Einheit anzusehen sind, was als zutreffend unterstellt werden kann. Der Senat muss daher nicht den von der Klägerin mit Schriftsatz vom 6. Juni 2017 gestellten Beweisanträgen durch eine Inaugenscheinnahme der Grundstücke nachgehen.

Der Begriff des mit einem Familienheim bebauten Grundstücks ist nach Auffassung des Senats in einem zivilrechtlichen Sinn zu verstehen. Denn auch die Begriffe des Eigentums und des Miteigentums in § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 1 ErbStG sind in einem zivilrechtlichen Sinn zu verstehen (BFH, Urteile vom 3. Juni 2014 II R 45/12, BFHE 245, 374 sowie vom 29. November 2017 II R 14/16, NJW 2018, 1422). Demgemäß bezieht sich die Steuerbefreiung des § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 1 ErbStG nicht nur auf das Gebäude, sondern auch auf das Grundstück, dessen wesentlicher Bestandteil das Gebäude gemäß § 94 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist (BFH, Urteil vom 26. Februar 2009 II R 69/06, BFHE 224, 151).

Ein Grundstück im zivilrechtlichen Sinn ist der räumlich abgegrenzte Teil der Erdoberfläche, der im Bestandsverzeichnis eines Grundbuchblatts auf einer eigenen Nummer eingetragen ist (Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19. Dezember 1967 V BLw 24/67, BGHZ 49, 145; BFH, Urteil vom 22. Juli 2010 IV R 62/07, BFH/NV 2010, 2261). Daher ist ein Flurstück, das an ein mit einem Familienheim bebautes Grundstück angrenzt und im Grundbuch auf einer eigenen Nummer eingetragen ist, nicht nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 1 ErbStG begünstigt (Jülicher in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG § 13 Randnr. 59).

Da das mit dem Familienheim bebaute Grundstück Gemarkung Z Flur 1 Flurstück 1 im Grundbuch von Z Blatt 1 eingetragen ist, während das daran angrenzende unbebaute Grundstück Gemarkung Z Flur 1 Flurstück 2 im Grundbuch von Z Blatt 10 eingetragen ist, scheidet eine Steuerbefreiung für das letztgenannte Grundstück nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b Satz 1 ErbStG aus. Dieses Grundstück ist nicht mit einem Familienheim bebaut.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Der Senat hat die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassen.

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