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Eintragung einer Sicherungshypothek wegen Steuerrückständen auf Antrag des Finanzamts

Oberlandesgericht Schleswig-Holstein – Az.: 2 W 261/10 – Beschluss vom 24.08.2011

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1. vom 5. November 2010 gegen die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek – lastend auf seinem Miteigentumsanteil – in Abt. III Nr. 7 am 5. November 2010 durch das Grundbuchamt des Amtsgerichts Itzehoe. wird zurückgewiesen.

Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 1.092.603,85 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der betroffene Grundbesitz besteht aus dem 3.000 m² großen bebauten Flurstück 2/2  (Nr. 1 des Bestandsverzeichnisses) sowie dem 1.518 m² großen Flurstück 2/1 (Nr. 2 des Bestandsverzeichnisses), jeweils Flur 9 der Gemarkung N..

Der Beteiligte zu 1. und seine Ehefrau…….. erwarben den betroffenen Grundbesitz durch notariellen Kaufvertrag vom 20. September 2007 (UR-Nr. 508/2007 des Notars Rudi W. W. in I.), und zwar gemäß § 1 des Kaufvertrages „untereinander zu je ½“. Die durch den beurkundenden Notar mit Schriftsatz vom 11. Dezember 2007 beantragte Eigentumsumschreibung „auf die Käufer zu je ½“ wurde am 29. Februar 2008 vollzogen. Der Miteigentumsanteil des Beteiligten zu 1. ist in Abt. I Nr. 2.1 gebucht, derjenige seiner Ehefrau in Abt. I Nr. 2.2.

Mit gesiegeltem und unterschriebenem Ersuchen vom 15. September 2010, beim Grundbuchamt eingegangen am 17. September 2010, hat das Finanzamt I. für den Beteiligten zu 2. die Eintragung einer Sicherungshypothek in Höhe von insgesamt 1.092.603,85 € auf den Miteigentumsanteil des Beteiligten zu 1. an dem betroffenen Grundbesitz  beantragt. In dem Ersuchen sind die zu vollstreckenden Abgaben, nämlich Einkommen- und Kirchensteuer und Solidaritätszuschläge nebst Säumniszuschlägen für die Jahre 2002 und 2006 aufgeführt. Ferner enthält das Ersuchen unter Hinweis auf § 322 Abs. 3 S. 2 AO die Bestätigung, die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zwangsvollstreckung lägen vor.

Das Grundbuchamt hat das Finanzamt I. zunächst mit Schreiben vom 17. September 2010 darauf hingewiesen, dass im betroffenen Grundbuch zwei Grundstücke eingetragen seien, so dass eine Verteilung auf beide Grundstücke vorzunehmen bzw. die Belastung nur eines der Grundstücke zu beantragen sei. Mit gesiegeltem und unterschriebenem Schreiben vom 12. Oktober 2010 hat das Finanzamt das Ersuchen dahingehend berichtigt, dass ausschließlich das Grundstück zur laufenden Nr. 1 des Bestandsverzeichnisses belastet werden solle.

Zwischenzeitlich hat der Beteiligte zu 1. mit Schriftsatz vom 3. Oktober 2010 auf den Eintragungsantrag des Finanzamtes Bezug genommen und „sofortige Beschwerde“ gegen die drohende Eintragung einer Sicherungshypothek eingelegt. Das Finanzamt habe keinen Anspruch auf die geltend gemachten Abgaben. Die Bescheide seien nicht rechtskräftig, und die gesetzlichen Voraussetzungen für die Vollstreckung lägen nicht vor. Das Finanzamt habe mit Schreiben vom 30. März 2009 und vom 4. Mai 2009 noch erklärt, es werde bis zur Entscheidung über seine Anträge auf Aussetzung der Vollziehung von Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 1999 bis 2006 von Vollstreckungsmaßnahmen absehen. Außerdem seien von seiner Seite bereits im Rahmen der durchgeführten Maßnahmen der Steuerfahndung Sicherheiten für mögliche Steuerschulden in Höhe von 1.500.000,00 € gestellt worden. Dem ständen – bestrittene  – Steuerschulden in Höhe von allenfalls 2.100.000,00 € gegenüber.

Soweit der Beteiligte zu 1. sich gegen das Bestehen der Steuerschuld wendet, hat er seinen an das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht gerichteten Schriftsatz mit der Überschrift „Klage hilfsweise Antrag“ vom 6. Oktober 2010 in Kopie beigefügt, welcher verschiedene Anträge enthält. Aus dem beigefügten Klageschriftsatz sowie den weiteren vom Beteiligten zu 1. eingereichten Unterlagen ergibt sich, dass zwischen ihm und dem Finanzamt I. sowie dem für seinen früheren Wohnsitz zuständigen Finanzamt Garmisch-Partenkirchen eine Auseinandersetzung über zu zahlende Steuern für die Jahre 1995 bis 2006 besteht. Bei dem Finanzgericht München hat der Beteiligte zu 1. ebenfalls Klage erhoben, mit der er die Feststellung der Nichtigkeit verschiedener Steuerbescheide begehrt. Auf die Einzelheiten der finanzgerichtlichen Klage, mit der der Beteiligte zu 1. auch umfangreiche Vorwürfe gegen die Finanz- und Strafverfolgungsbehörden erhebt, wird verwiesen.

Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Steuerbescheide für die Jahre 1999 bis 2006 hat das Finanzamt mit Bescheid vom 30. Juli 2010 zurückgewiesen, gegen den der Beteiligte zu 1. am 26. August 2010 Einspruch eingelegt hat (vgl. Anlage 3 zum Schriftsatz vom 3. Oktober 2010).

Das Finanzamt hat Gelegenheit zur Stellungnahme zu der Eingabe des Beteiligten zu 1. vom 3. Oktober 2010 erhalten und mit Schreiben vom 15. Oktober 2010 nochmals das Vorliegen der Vollstreckbarkeitsvoraussetzungen für die dem Antrag zugrunde liegenden Steuerforderungen bestätigt. Ferner sind die Steuerbescheide für die im vorliegenden Verfahren betroffenen Jahre 2002 und 2006 vorgelegt worden.

Das Grundbuchamt hat die Sicherungshypothek sodann am 5. November 2010 antragsgemäß auf den Miteigentumsanteil des Beteiligten zu 1. an dem zu Nr. 1 des Bestandsverzeichnisses gebuchten Grundstück eingetragen. In der Eintragungsnachricht an den Beteiligten zu 1. hat das Grundbuchamt sein Vorgehen unter Hinweis auf die Wirkung einer Bestätigung nach § 322 AO erläutert.

Der Beteiligte zu 1. hat mit Schriftsatz vom 5. November 2010 „sofortige Beschwerde“ gegen die erfolgte Eintragung eingelegt und beantragt, die Sicherungshypothek zu löschen, hilfsweise einen Amtswiderspruch nach § 53 GBO einzutragen. Er hat erneut auf seine „Vollstreckungsgegenklage entsprechend § 767 ZPO“ bei dem Schleswig-Holsteinischen Finanzgericht und seine Feststellungsklage bei dem Finanzgericht München verwiesen. Deren Ausgang sei abzuwarten. Besteuerungsrelevante Tatsachen, die zu seinen Gunsten gehen würden, seien zu Unrecht nicht berücksichtigt worden. Ferner hätten er und seine Ehefrau das Haus als GbR gekauft, so dass die Vollstreckung in das Vermögen der Gesellschaft unzulässig sei. Schließlich hat der Beteiligte zu 1. nochmals darauf hingewiesen, dass für alle bestehenden und zukünftigen Steuerschulden bereits Sicherheiten gestellt und die entsprechenden Unterlagen bei der Fahndung „entwendet“ worden seien.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde durch Beschluss vom 1. Dezember 2010 nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht vorgelegt.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

1.

Das Rechtsmittel ist als unbefristete Beschwerde gemäß §§ 71 ff. GBO zulässig, und zwar mit den Beschränkungen des § 71 Abs. 2 S. 1 und 2 GBO.

Gegen die Eintragung der Sicherungshypothek kann der Beteiligte zu 1. mit der Beschwerde nach § 71 GBO vorgehen. Auch soweit das Grundbuchamt bei der Eintragung einer Sicherungshypothek nach § 867 ZPO als Vollstreckungsgericht tätig wird, stehen dem Schuldner nicht die nach §§ 766, 793 ZPO zulässigen Rechtsbehelfe der Zwangsvollstreckung, sondern die Beschwerde nach der Grundbuchordnung zu (vgl. nur Zöller-Stöber, Zivilprozessordnung, 28. Auflage, § 867 Rn. 24, m. w. N.).

Die Beschwerde ist allerdings nach § 71 Abs. 2 S. 1 und 2 GBO nur mit der Maßgabe zulässig, dass verlangt werden kann, nach § 53 Abs. 1 S. 1 GBO einen Amtswiderspruch einzutragen bzw. nach § 53 Abs. 1 S. 2 GBO eine Löschung vorzunehmen. Der Beteiligte zu 2. wendet sich gegen die Eintragung einer Sicherungshypothek, welche dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs unterliegt (vgl. BGHZ 64, 194). Die Möglichkeit eines gutgläubigen Erwerbs ist nach den Umständen des konkreten Falls auch nicht für Vergangenheit und Zukunft rechtlich ausgeschlossen, weil etwa bereits von Amts wegen ein Widerspruch eingetragen worden wäre, ohne dass es zuvor zu einem gutgläubigen Erwerb gekommen ist (zu einem solchen Fall vgl. BGH, a. a. O.). Da die Voraussetzungen für die Löschung nach § 53 Abs. 1 S. 2 GBO (Eintragung bereits nach ihrem Inhalt unzulässig) aber ersichtlich nicht gegeben sind, kommt allein die Eintragung eines Widerspruchs nach § 53 Abs. 1 S. 1 GBO in Betracht.

Der Beteiligte zu 1. hat sein Rechtsmittel zwar mit dem primären Ziel einer Löschung der eingetragenen Sicherungshypothek eingelegt. Er begehrt jedoch ausdrücklich hilfsweise die Eintragung eines Amtswiderspruchs.

2.

Die Voraussetzungen für die Eintragung eines Amtswiderspruchs sind jedoch nicht gegeben.

Ein Amtswiderspruch ist nach § 53 Abs. 1 S. 1 GBO einzutragen, wenn das Grundbuchamt unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften eine Eintragung vorgenommen hat und das Grundbuch dadurch unrichtig geworden ist. Diese beiden Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein. Dies gilt auch, wenn die Eintragung eines Amtswiderspruchs mit der Beschwerde nach § 71 Abs. 2 S. 2 GBO erreicht werden soll. Die Eintragung eines Amtswiderspruchs kann auch auf diesem Wege nur verlangt werden, wenn die beanstandete Eintragung unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften im Sinne des § 53 Abs. 1 S. 1 GBO erfolgt ist (h. M., vgl. nur Senat, FGPrax 2006, S. 150 f.; Demharter, Grundbuchordnung, 28. Auflage, § 53 Rn. 23 – jeweils m. w. N.).

Das Grundbuchamt hat bei der Eintragung vom 5. November 2010 keine gesetzlichen Vorschriften verletzt. Alle Voraussetzungen für die Eintragung der Zwangssicherungshypothek sind nachgewiesen worden. Das Grundbuch ist durch die Eintragung auch nicht unrichtig geworden.

a.

Wenn das Finanzamt die Eintragung einer Sicherungshypothek wegen Steuerrückständen beantragt, handelt es sich dabei gemäß § 322 Abs. 3 S. 4 AO um ein Ersuchen im Sinne des § 38 GBO. Bei einem derartigen Ersuchen trägt allein die ersuchende Behörde die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit dieses Aktes (BayObLGZ 1970, S. 182 ff., 184 f.). Das Grundbuchamt hat nur zu prüfen, ob die ersuchende Behörde zu einem Ersuchen der in Rede stehenden Art abstrakt befugt ist, nicht aber die Voraussetzungen, die die Behörde zu dem Ersuchen berechtigen (BayObLG, a. a. O.).

Das die Vollstreckung betreibende Finanzamt hat bei seinem Ersuchen an das Grundbuchamt nach § 322 Abs. 3 S. 2 AO zu bestätigen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Vollstreckung vorliegen. Diese Fragen unterliegen schon nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung in § 322 Abs. 3 S. 3 AO nicht der Beurteilung des Vollstreckungsgerichts bzw. des Grundbuchamts. Es ist daher nicht erforderlich, einen vollstreckbaren Titel mit Zustellungsnachweis oder sonstige die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung betreffende Unterlagen vorzulegen (BGHZ 3, 140; OLG München, NotBZ 2010, S. 314). Die Prüfung des Grundbuchamts beschränkt sich im Wesentlichen auf die formelle Seite des Ersuchens sowie auf die spezifisch grundbuchrechtlichen Voraussetzungen der Eintragung (OLG München, a. a. O., m. w. N.).

Dadurch ist der Vollstreckungsschuldner nicht etwa rechtlos gestellt. Ein Eintragungsantrag, der eine Bestätigung nach § 322 Abs. 3 S. 3 AO enthält, ist vielmehr ein Verwaltungsakt, der selbständig – beim Finanzgericht – angefochten werden kann (vgl. nur BFH, Beschluss vom 26. Juni 1997, VII B 52/97, bei juris, m. w. N. aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes). Ggf. kann der Beteiligte zu 1. im Falle einer erfolgreichen Anfechtung des Eintragungsantrages eine Löschungsbewilligung des Finanzamtes hinsichtlich der Sicherungshypothek erreichen (vgl. BFH, a. a. O.).

Daher hat das Grundbuchamt hier zu Recht nicht geprüft, ob die geltend gemachten Steuerforderungen für 2002 und 2006 tatsächlich bestehen und ob das Finanzamt die Bestätigung nach § 322 Abs. 3 S. 2 AO zu Recht abgegeben hat. Jedenfalls ist ersichtlich kein Fall gegeben, in dem dem Ersuchen ohne Zweifel jede Rechtsgrundlage fehlt, so dass der Eintragungsantrag zurückzuweisen wäre, um das Grundbuch nicht wissentlich unrichtig zu machen (vgl. zu dieser Ausnahme von den aufgezeigten Grundsätzen BayObLGZ 1970, S. 185).

b.

Die grundbuchrechtlichen Voraussetzungen für die Eintragung der Zwangssicherungshypothek sind ebenfalls gegeben. Insbesondere ist der Grundsatz der Voreintragung nach § 39 Abs. 1 GBO gewahrt. Nach dieser Vorschrift soll eine Eintragung nur erfolgen, wenn die Person, deren Recht durch sie betroffen ist, als der Berechtigte eingetragen ist. Dies ist hier der Fall.

Der Beteiligte zu 1. macht zu Unrecht geltend, das Grundstück gehöre ihm und seiner Ehefrau in Gesellschaft bürgerlichen Rechts, und die Vollstreckung wegen der allenfalls ihn treffenden Steuerschulden könne nicht in das Gesellschaftsvermögen erfolgen. Der Beteiligte zu 1. und seine Ehefrau haben das Grundstück nicht in Gesellschaft bürgerlichen Rechts, sondern ausweislich des Kaufvertrages vom 20. September 2007 ausdrücklich „zu je ½“ erworben. Dementsprechend sind sie auch antragsgemäß als Miteigentümer zu je ½ eingetragen worden. Die Zwangssicherungshypothek ist ausdrücklich nur auf den Anteil des Beteiligten zu 1. eingetragen worden. Dies ist nach § 864 Abs. 2 ZPO zulässig.

3.

Den Geschäftswert hat der Senat nach §§ 131 Abs. 4, 30 KostO festgesetzt. Eine Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren ist im Hinblick auf die gesetzliche Kostenfolge (§§ 2 Nr. 1, 131 Abs. 1 KostO) nicht veranlasst. Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde bestehen nicht.

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